Einfach, kurz und bildlich muss die Sprache sein, damit sie jeder versteht. Doch manche Leser haben besondere Bedürfnisse, vor allem wenn sie Deutsch nicht perfekt beherrschen oder Leseschwächen haben. Die Regeln der Leichten und Einfachen Sprache helfen dabei.
Texten fürs Web: Die wichtigsten Grundregeln
Nutzer im Internet sind auf der Suche. Im ständig wachsenden Info-Dschungel wollen sie weniger lesen, sie möchten finden. Autoren, Texter und Journalisten stehen deshalb vor der großen Herausforderung, Texte für dieses veränderte Leseverhalten zu schreiben und entsprechend aufzubereiten. Das erfordert viel Übung und Konsequenz.
Wer Tipps und Ratschläge für das Schreiben im Internet sucht, wird schnell fündig und kommt immer zu den selben Ergebnissen. Kurz, klar und bildhaft soll die Sprache sein, das sagt bereits die mehr als 100 Jahre alte Pulitzer-Regel. Aktive, positive und lebendige Formulierungen machen es für den Leser einfacher und leichter verständlich (vgl. Brütsch-Prévôt, 2017).
Der Fleschindex (auch Flesch-Reading-Easy-Score genannt) beurteilt darüber hinaus die Lesbarkeit eines Textes. Dafür werden Sätze, Wörter und Silben beurteilt und in Relation zueinander gestellt (vgl. Scholl, 2017).
Zusammengefasst: Die Sprache muss einfach sein. Doch in einigen Fällen muss es noch einfacher sein, denn nicht jeder kann einen Text sofort und ganzheitlich verstehen. Für diese Zielgruppen schreiben wir in Leichter oder Einfacher Sprache.
Hier ist das einfache Schreiben bereits Gesetz
In den USA ist “plain language” seit 2010 gesetzlich festgeschrieben. Die Behörden sind verpflichtet, einfache Sprache zu nutzen, denn Gesetze und Vorschriften müssen für alle Bürger leicht verständlich sein.
In Deutschland und Österreich ist diese Entwicklung erst am Beginn. Der Verein “Netzwerk Leichte Sprache” besteht seit 2013 und leistet große Aufklärungsarbeit. Gesetzliche Verpflichtungen dazu gibt es allerdings noch nicht.
Von österreichischen Regierungsinstitutionen ist das Parlament Vorreiter, denn ein Teil der Website ist seit letztem Jahr in Leichter Sprache zugänglich (vgl. Parlamentsdirektion, 2016). Das Innenministerium hat Informationen zur Nationalratswahl 2017 ebenfalls in Leichter Sprache veröffentlicht (in Form von Zeitungs-Inseraten und Texten auf der Website, vgl. Bundesministerium für Inneres, 2017).
Die Tageszeitung “Kurier” betreibt seit 2016 eine inklusive Lernredaktion, in der Artikel in Einfacher Sprache geschrieben werden. Zwei Journalisten aus der Redaktion betreuen und beraten das Team. Dabei werden sehr oft bestehende Berichte aus der Zeitung oder Website in Einfacher Sprache neu geschrieben. Die Artikel sind unter folgendem Link zu finden: https://kurier.at/einfache-sprache.
Die Redaktion der “Wiener Zeitung” hat in einem befristeten Projekt ebenfalls Artikel in Einfacher Sprache veröffentlicht.
Leichte Sprache vs. Einfache Sprache
Im deutschsprachigen Raum besteht ein Unterschied zwischen den beiden Begriffen:
- Leichte Sprache ist die strengste Form der reduzierten und vereinfachten Sprache. Sie ist für Menschen, die fast gar nicht lesen können oder eine geistige Behinderung haben. Barrierefreie Webseiten beinhalten immer öfter Versionen in Leichter Sprache.
- Einfache Sprache hilft Menschen, die Leseschwächen haben oder deren Muttersprache nicht Deutsch ist. Rund 95 % der Menschen verstehen Einfache Sprache und sie entspricht dem Leseniveau A2/B1 (vgl. Klar & Deutlich Agentur, 2017).
Regeln der Leichten Sprache
Schreiben in Leichter Sprache hat klare Regeln, die in folgende 6 Bereiche aufgeteilt sind (vgl. Die Regeln für Leichte Sprache):
1. Worte
- einfache und bekannte Worte, keine Fremdwörter oder Fachbegriffe
- kurze Worte mit klarer Bedeutung, keine Abkürzungen
- aktive Formulierung und Verben
- positive Sprache
- lange oder zusammengesetzte Wörter mit Bindestrich trennen
2. Zahlen und Zeichen
- arabische Zahlen verwenden
- alte Jahreszahlen, hohe Zahlen oder Prozentangaben umschreiben (“vor vielen Jahren”, “sehr viele Menschen”)
- Zahlen mit Leerzeichen strukturieren
- keine Sonderzeichen
3. Sätze
- kurze Sätze mit einfachem Satzbau
- nur eine Aussage pro Satz
4. Texte
- direkte Ansprache der Leser
- bei Gender-Formulierungen die männliche Form zuerst (leichter lesbar)
- keine Fragen im Text
5. Gestaltung und Bilder
- eine Schriftart verwenden, nur serifenlose Schriften
- größere Schriftgröße und mehr Zeilenabstand
- Text linksbündig, jeder neue Satz in einer neuen Zeile
- keine Abtrennungen
- wichtige Dinge hervorheben
- dunkle Schrift auf hellem Papier oder Untergrund
- Bilder benutzen
6. Prüfen
- Texte von Menschen prüfen lassen, für die sie geschrieben sind
Regeln der Einfachen Sprache
Noch gibt es kein einheitliches Regelwerk für Einfache Sprache, die wichtigsten Grundsätze lauten jedoch:
- Texte bestehen aus kurzen Sätzen mit maximal 15 Worten.
- Es gibt möglichst wenige Nebensätze.
- Fremdwörter oder Fachbegriffe werden erklärt, umschrieben oder durch einfache Alternativen ersetzt.
- Aktive und positive Formulierungen (vgl. Klar & Deutlich Agentur, 2017).
Barrierefreiheit im Web: Nicht ohne Leichte Sprache
Texte im Internet sind einfach, kurz und bildhaft – nur so können Leser sie am besten verstehen und behalten sie auch im Gedächtnis.
Für ganzheitlich barrierefreie Webseiten ist der Schritt zur Leichten Sprachen als zusätzliche Version eine wichtige Voraussetzung. So verstehen alle Leser einer Seite sämtliche Inhalte.
Referenzen
Brütsch-Prévôt, G. (2017). 6 Regeln für einen guten Text. Abgerufen 5. November 2017, von http://wortstark-uster.blogspot.com/2017/06/6-regeln-fur-einen-guten-text.html
Bundesministerium für Inneres. (2017). Nationalratswahl 2017 in Leichter Sprache erklärt. Abgerufen 5. November 2017, von http://www.bmi.gv.at/412/Nationalratswahlen/Nationalratswahl_2017/start.aspx
Einfache Sprache. (n.d.). In Wikipedia. Abgerufen 5. November 2017, von https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Einfache_Sprache&oldid=170012876
Klar & Deutlich Agentur. (2017). Klar und Deutlich – Agentur für einfache Sprache : Leichte Sprache – Einfache Sprache. Abgerufen 1. November 2017, von http://www.klarunddeutlich.de/cms/website.php?id=/de/index/ed/leichte_sprache-einfache_sprache.htm
Leichte Sprache. (n.d.). In Wikipedia. Abgerufen 5. November 2017, von https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Leichte_Sprache&oldid=170195801
Netzwerk Leichte Sprache (n.d.). Die Regeln für Leichte Sprache. Abgerufen 2. November 2017, von http://www.leichte-sprache.de/dokumente/upload/21dba_regeln_fuer_leichte_sprache.pdf
Parlamentsdirektion. (2016). Leichte Sprache – neues barrierefreies Angebot auf der Parlamentswebsite. Abgerufen 1. November 2017, von https://www.parlament.gv.at/PAKT/AKT/SCHLTHEM/SCHLAG/J2016/2016_04_01_Leichte_Sprache.shtml
Plain Writing Act of 2010. (n.d.). Abgerufen 5. November 2017, von http://www.plainlanguage.gov/plLaw/index.cfm
Schöll, P. (2017). Die Flesch-Formel. Abgerufen 5. November 2017, von http://fleschindex.de/formel
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