„Alle sind dort, da musst du auch dabei sein!“ – Das ist garantiert der falsche Zugang, wenn es um die Auswahl der Social Media-Kanäle geht, auf denen du bzw. deine Organisation oder dein Unternehmen auftritt.
Der Channel muss zu deiner Content Strategie passen. Und da solltest du dir unter anderem diese Fragen stellen:
- Ist der Social Media-Auftritt ins eigene Content-Universum eingebettet?
- Welche Ziele verfolgst du damit?
- Und vor allem: Wie viele (für dich relevante) Personen erreichst du dort?
Die Frage nach der verfügbaren Reichweite möchte ich versuchen, in diesem Artikel kurz zu beantworten. Denn Social Media-Trends (und im weitesten Sinne auch Kanäle) kommen und gehen.
Bestes Beispiel: Elon Musk baut das frühere Twitter (jetzt X) komplett um. Das Ergebnis: User*innen laufen zu Hunderttausenden davon, Postings erhalten keine Reichweite und Interaktion mehr. Niemand kann vorhersagen, ob der exzentrische Businessman diese Entwicklung aufhalten kann.
X gehört für mich in der jetzigen Form jedenfalls zu den „Auslaufposten“. Dazu kommen eine Reihe an „Alten Damen“ (den konstanten Platzhirschen), „Rising Stars“ oder schnell verglühenden „Sternschnuppen“.
Rund 7,4 Millionen Österreicher:innen nutzen Social Media (das sind 4 von 5 aller hier lebenden Menschen)
Nutzer:innen in Österreich: Ein schneller Überblick
Tipp: Meine persönliche Einschätzung der Entwicklung zu den erwähnten Kanälen findest du am Ende der Seite, scrolle dafür gleich ganz nach unten!
Die Auslaufposten: Social Media kurz vor der Pension?
Mit weltweit fast 3 Milliarden Nutzer:innen (das sind stolze 58 Prozent der Weltbevölkerung) ist Facebook als Erfinder der Sozialen Netzwerke noch immer absoluter Platzhirsch.
In Österreich verwenden – je nach Quelle – mehr als 5 Millionen Menschen die Plattform aus dem Meta-Universum von Mark Zuckerberg (7 von 10 der österreichischen Social Media-Nutzer*innen). Besonders stark verbreitet ist Facebook bei den 25- bis 34-Jährigen. Der Trend bei den Nutzer:innen-Zahlen zeigt jedoch deutlich nach unten, Interaktionen sind auf dem Kanal fast unmöglich.
Außerhalb des deutschen Sprachraums (DACH) hat XING niemals wirklich Fuß gefasst. Von den geschätzt 21 Millionen Mitgliedern entfallen 1,62 Millionen auf Österreich – eine noch immer beachtliche Zahl (immerhin 22 Prozent aller österreichischen Social Media-Nutzer:innen).
Dennoch sind keine großen Entwicklungen bei XING zu erwarten. Es gibt einen klaren Shift der Mitglieder zum internationalen LinkedIn, das XING auch in Österreich bei den Benutzer:innen bereits überholt hat.
X (Twitter)
Mit etwa 700.000 österreichischen User:innen (gerade mal neun Prozent aller Social Media-Nutzer:innen) hat Twitter bisher eine untergeordnete Rolle gespielt – zumindest was die Reichweite betrifft. Das Netzwerk hat jedoch weltweit unglaubliche Bedeutung für journalistische Tätigkeit oder als offizielles Sprachrohr
Spannend zu beobachten wird sein, ob sich Bluesky als echte Alternative etablieren kann.
Beliebt, bekannt, stabil: Die Alten Damen unter den Social Media-Netzwerken
Mit 2 Milliarden User:innen weltweit hat der Messenger-Dienst zwar das Nachsehen gegenüber Facebook. In Österreich ist WhatsApp eine absolute Bank: 99 Prozent aller auf Social Media nutzen WhatsApp (mehr als 7,4 Millionen).
Dabei ist WhatsApp keine klassische Social Media-Plattform, auf der Inhalte geteilt werden. Dennoch wird die Zukunft in Richtung Werbung, Broadcasts, Gruppen sowie Business-Lösungen gehen. Andererseits arbeitet Meta bereits daran, manche Funktionen nicht mehr ausschließlich kostenlos zur Verfügung zu stellen und sich neben den Daten (als „Währung“) weitere Einnahmequellen zu sichern.
YouTube
Durchschnittlich 54 Minuten verbringen österreichische YouTube-User:innen täglich auf der Videoplattform – und davon gibt es immerhin fast 7,4 Millionen. Umgerechnet sind das 760 Jahre, die pro Tag im Videoformat in Österreich konsumiert werden.
2,5 Milliarden User:innen zählt die Plattform – die nach Google als zweitbeliebteste Suchmaschine gilt und selbst zum Google-Konzern gehört – weltweit. Jede Minute werden 100 Stunden neues Videomaterial hochgeladen.
Wer YouTube übrigens werbefrei nutzen möchte, kann das mit YouTube Premium tun. Im letzten Jahr haben das 80 Millionen getan – das sind gerade mal 3,2 Prozent aller Nutzer:innen weltweit. Großes Wachstum ist nicht zu erwarten, denn Google hat die Preise für YouTube Premium ordentlich erhöht.
Tipp: Solltest du dich für YouTube Premium (oder YouTube Music) entschieden, schließe das Abo keinesfalls direkt auf deinem SmartPhone ab. Die Bezahlvariante über iOS und Android ist um mehrere Euro pro Monat teuer. Unbedingt direkt am Desktop-Gerät über die YouTube-Seite upgraden!
Fast ein Drittel aller Österreicher:innen auf Social Media haben einen „Online-CV“ auf LinkedIn. Das Karrierenetzwerk hat in den letzten Jahren massiv aufgeholt und verzeichnet mehr als 2,2 Millionen Mitglieder aus Österreich. Weltweit sind es knapp 850 Millionen.
Der Trend nach oben ist keinesfalls zu Ende: 2022 sind die Nutzer:innen-Zahlen in Österreich um knapp 18 Prozent gestiegen. Täglich kommen 1.000 neue LinkedIn-Mitglieder dazu und machen die Plattform damit auch zu einem wertvollen beruflichen Netzwerk.
SnapChat
Für viele ein großes Fragezeichen – doch SnapChat ist eine fixe Größe, vor allem bei der jungen Zielgruppe. 60 Prozent aller österreichischen SnapChat-Benutzer:innen sind unter 25 Jahre, knapp 400.000 sind jünger als 18 Jahre. Insgesamt sind in Österreich etwa 1,85 Millionen Menschen auf SnapChat registriert (ein Viertel aller SOM-Nutzer:innen), selbst wenn es viele laut eigenen Angaben kaum nutzen.
Essen & Trinken, Mode, Beauty sowie Do-It-Yourself sind die häufigsten Themen auf Pinterest. Immerhin mehr als 1,6 Millionen Österreicher:innen sind dort zu finden – die meisten sind Nutzerinnen. Denn der weibliche Anteil liegt bei stolzen 79 Prozent.
Die visuelle Plattform verzeichnet konstantes Wachstum: 2022 sind in Österreich 4,2 Prozent neue User:innen dazugekommen.
Rising Stars: Großes Potenzial für die Zukunft
Das Überraschende gleich zu Beginn: Selbst wenn viele glauben, dass die User:innen auf Instagram deutlich jünger als Facebook-Nutzer:innen sind – das ist nicht richtig. Die Altersverteilung der Plattformen (die beide zu Zuckerbergs Meta gehören) ist nahezu ident. Trotzdem ist Instagram der deutlich aktivere Kanal, auf dem Reaktionen und Diskussionen noch möglich sind.
Rund 43 Prozent der österreichischen Social Media-Nutzer:innen haben ein Instagram-Profil, das entspricht etwa 3,1 Millionen. Diese Zahl wird weiter steigen, daher gehört Instagram für mich zu den „Rising Stars“ und wird die Medienbranche garantiert noch einige Male überraschen.
Schöne Bilder & perfekte Welt: Instagram hat seit dem Start das Verhalten mit Social Media und der Welt im Allgemeinen verändert. Der deutsche Wikipedia-Eintrag über Instagram sagt zwar, dass Menschen durch die Plattform weniger einsam sind – trotzdem werden 13 negative Einflüsse von Instagram auf seine User:innen aufgelistet.
Für Werbetreibende wird es auf Instagram immer schwieriger. Das Werbe-Spending wächst schneller als die User:innen-Zahlen. Bedeutet, dass weniger Nutzer:innen erreicht werden bzw. Ads teurer sind. Ob Nutzer:innen durch die viele (nervige) Werbung in die kostenpflichtigen Abos von Instagram (und Facebook) getrieben werden, ist allerdings fraglich. Selbst die werbefreie Version von YouTube hat einen Anteil von unter 4 Prozent.
TikTok
Je nach verfügbaren Daten liegt der nationale Marktanteil der chinesischen Videoplattform TikTok zwischen 25 und 30 Prozent. In Österreich sind es jedenfalls über 2 Millionen, weltweit hat TikTok vor Kurzem die magische Marke von einer Milliarde User:innen geknackt.
TikTok ist vor allem bei den Jungen beliebt: 45 Prozent aller User:innen sind unter 25, drei Viertel jünger als 34 Jahre. Datenschutz-Bedenken, TikTok-Verbote im öffentlichen Dienst oder der lasche Umgang mit Fake News konnten die App (noch) nicht stoppen: 2022 hat die App rund ein Viertel neue User:innen dazu gewonnen. Doch noch ist das letzte Wort nicht gesprochen. Nicht nur die EU versucht, die „Tanz-App“ mit gesetzliche Bestimmungen und Regeln in die Knie zu zwingen. Sogar über ein Verbot wird hier und über dem Atlantik gesprochen. Ob die Chinesen sind davon beeindrucken lassen?
Ein kurzes Aufglühen für die Sternschnuppen-Social Media-Kanäle
BeReal.
Alle User:innen posten zur selben Zeit ein Foto von sich bzw. dem Ort, wo sie sich gerade befinden. Authentisch, nicht gestellt, ohne Filter – das ist die Idee der 2020 in Frankreich gegründeten App. Zwar tauchen zwischendurch immer wieder Fotos von diesen „Real-Situations“ auf anderen Kanälen auf, der Boom hat jedoch nicht lange angehalten. Im November 2023 gab es monatlich rund 25 Millionen aktive Nutzer:innen, was nur mehr ein Drittel im Vergleich zum Sommer 2022 ist.
Bluesky
Vom ursprünglichen Twitter-Gründer Jack Dorsey mitgegründet, ist Bluesky seit 2021 online. Derzeit brauchst du noch einen Empfehlungscode eines bestehenden Mitglieds, um dich anmelden zu können. Sobald der Dienst die Beta-Phase abgeschlossen hat, richtet sich Bluesky an die Öffentlichkeit. Aufmerksamkeit gab es für die App mit dem simplen Himmel-Icon, da viele X (Twitter) den Rücken gekehrt haben und der US-Anbieter nach dem komplett selben Prinzip funktioniert. Im Oktober 2023 konnte Bluesky die 1-Million-Marke knacken.
Das amerikanische Unternehmen ist mehr Blog und Social News als Social Media. Trotzdem tummeln sich dort mehr als 430 Millionen monatlich aktive User:innen, vorwiegend technik-affine Nutzer:innen und Leser:innen (auch Redditors genannt). Die Hälfte aller Zugriffe kommt aus den USA.
Social Media in Österreich: Einschätzungen & Trends
BeReal. | wird in Kürze von der Bildfläche verschwinden |
Bluesky | wird sich höchstens in Nischen / kleinen Interessensgruppen etablieren |
verliert pro Jahr bis zu 5 % aller User:innen | |
Wachstumsphase noch keinesfalls abgeschlossen, riesiger Werbedruck | |
weiterhin überdurchschnittliches Wachstum | |
solide User:innen-Zahlen, wenig Relevanz für Werbekund:innen | |
Old-Fashion-Plattform für Technik-Interessierte | |
SnapChat | neben Instagram der wichtigste Messenger für junge Menschen |
TikTok | aktuell die größte gesellschaftliche Relevanz, jedoch große Unsicherheit über die künftige Bedeutung (eventuelle Regulierungen könnten Plattform zu Fall bringen) |
wird künftig mehr Business-Lösungen anbieten (müssen), um auch für Unternehmen interessanter zu werden | |
X (Twitter) | nach weiteren Turbulenzen wird eine (große) homogene Gruppe an User:innen übrig bleiben |
User:innen gehen zu LinkedIn | |
YouTube | Relevanz als Suchmaschine nimmt weiter zu |
Quellen:
- Altersverteilung der österreichischen Instagram-Nutzer im August 2023. abgerufen von statista.de am 25.11.2023
- Anzahl der Abonnenten von YouTube Music Premium und YouTube Premium weltweit in den Jahren 2021 und 2022. abgerufen von statisa.de am 22.11.2023
- BeReal Revenue and Usage Statistics (2023). abgerufen von businessofapps.com am 25.11.2023
- Digital 2023: Austria. abgerufen von datareportal.com am 25.11.2023
- Entwicklung der Nutzerzahlen von Facebook in Österreich von September 2018 bis Oktober 2023. abgerufen von statista.de am 25.11.2023
- Entwicklung der Nutzerzahlen von LinkedIn in Österreich von März 2020 bis August 2023. abgerufen von statista.de am 25.11.2023
- Social-Media-Nutzung in Österreich 2023. abgerufen von wiasano.com am 24.11.2023
- Social Media Report Österreich 2023. abgerufen artworx.at am 23.11.2023